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Rote Erde, weißes Gras

Es ist Markt in Moroto, wie an jedem Montag. Rinder, Ziegen, Männer strömen auf einen großen Platz in der Savanne, bis kaum noch ein Durchkommen ist. Über der staubigen Erde und den Akazienbäumen, die ihre Kronen wie Schirme aufspannen, liegt ein Stimmengewirr wie ein dicht gewebter Teppich. Wolldecken in Rot und Grün, Orange und Türkis schieben sich an uns vorbei, die Händler und Käufer im Tunika-Stil über ihre Körper gelegt haben. Die jüngeren tragen große Ohrringe und mehrere Lagen Perlenreifen um die Hälse, als würden sie auf Brautschau gehen. Zahlen fliegen hin und her, Stapel von Geldscheinen wechseln die Besitzer, dazwischen schreit eine Predigerin die Worte Gottes Richtung Himmel. Es ist laut, es ist bunt, es ist irreal schön.
Ichumar Peter schüttelt überall Hände. Auch unser Guide gehört zum Stamm der Karamojong, der hier im Nordosten Ugandas lebt. Fotograf Gulliver und ich sind froh und verwundert, dass die Leute uns höflich übersehen und höchstens mal aus den Augenwinkeln mustern, obwohl wir aus der Masse herausstechen wie zwei Mehlwürmer in einer Schüssel schwarz glänzendem Kaviar. Die Karamojong sind ein Hirtenvolk, das seine Rinder liebt und von ihnen lebt, von der Milch, dem Fleisch und der Haut. „Wer keine Kühe hat“, sagt Ichumar, „der ist arm.“ Um mit ihrem wertvollen Gut Geschäfte zu treiben, kommen die Menschen von überall her, manche sind zu Fuß sieben Stunden unterwegs, bis sie den Markt erreichen. 
Erst seit zwei Jahren führt eine Asphaltstraße zu dem unscheinbaren kleinen Ort Moroto. Sie ist unsere erste Station auf einer einwöchigen Tour durch den abgelegenen und wenig besuchten Norden Ugandas. Wir sind auf der Suche nach dem alten Afrika, so wie es uns früher der Moderator und Naturschützer Grizmek jede Woche im Fernsehen gezeigt hatte. Wo das Leben noch beständig und langsam läuft, das einen Platz für Tiere hat. Ichumar aber interessiert sich nicht für die Lieblinge des deutschen TV, wie Löwen, Büffel oder Elefanten. Er winkt, damit wir wieder zu unserem Fahrer in den Jeep steigen: Er will uns zeigen, wo die Rinderherden weiden – und wo die Karamojong zu Hause sind. Also los, über Schotterstraßen und trockene Flussläufe, bis wir das Gefühl haben, wie in einem Autoscooter durch die Savanne geschleudert zu werden.

Astrid Joosten

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