My drone shot from Rovinj

White Truffle,
Istria,
Merian

Nikola Tarandek with Flocky

Ein Herbstwald in Istrien. Nicht wie einer aus einem Grimmschen Märchen, bedeutungsschwanger, ernst, gravitätisch, sondern ein Wald, der einen mediterranen Drall ins Leichte, ins Verspielte hat. Das hier ist kein Finsterwald, in dem ein Wolf einem Rotkäppchen nachstellt, sondern ein heiterer Wald, licht, mit zartstämmigen Bäumen. Dieser Wald  ist der Arbeitsplatz von Nikola Tarandek, dem Trüffeljäger. Seine Hunde Mala und Nero, eine goldblonde Labradorhündin und ein schwarzglänzender Mischling, traben geschäftig über diesen Boden, durch raschelndes Laub, schnuppern ernsthaft, ziehen dann weiter.  „Flocki!“, ruft Nikola ungeduldig, wo ist der dritte Hund seiner kleinen Meute abgeblieben? Flocki ist noch jung, geht noch oft seiner eigenen Wege und vergisst, warum er hier ist: um zu arbeiten, um seinem Job als Trüffelhund nachzugehen, seine feine Nase mit ihrem hochtrainierten Geruchsinn einzusetzen für die Jagd nach dem Gold des Waldes, dem weißen Diamanten. Der Majestät, wie man den Weißen Trüffel in Istrien nennt. Der echte Weiße Trüffel, der tuber magnatum, was aus dem Lateinischen übersetzt „Knolle der Mächtigen“, „der Magnaten“, heißt, ist der Trüffel der Könige und der König aller Trüffel. Diese kostbare, rätselhafte und unscheinbare Knolle mit ihrer hellbeigen, glatten Haut, dieses kartoffelartige Gewächs, das wie ein leicht angegilbtes Leinensäckchen aussieht, das einen amorphen Klumpen umschließt, stellt für Feinschmecker das Himmelreich dar. (…)

Verena Lugert

Nikola Tarandek

(…) Dieser Trüffelgeruch ist eine von der Natur hochintelligent eingefädelte olfaktorische Kontaktaufnahme. Eine Nachricht von Untertage, eine Duftdepesche aus der ewigen Nacht. Mit der Aufforderung: holt mich heraus, aus meinem kühlen, dunklen Reich. Grabt mich aus. Das funkt die Knolle in ihrer Aromasprache nach oben: Esst mich! Der Zeitpunkt ist gekommen. Den Hunden steht die Gier in die Gesichter geschrieben, sie schlucken trocken, der Trüffelduft wird immer stärker, halluzinogen, es ist, als stiegen Dufthologramme auf, man meint, dass den grabenden Nikola gleißende Teller mit goldbuttrigem Risotto umtanzen, auf das hauchfein Weißer Trüffel gehobelt wird, exquisit geädert, ätherische Gebilde, sie schweben auf das Risotto herab, decken es zu, überreich, ohne Anfang, ohne Ende. Leise winseln die Hunde, so eine Wucht entfaltet das Aroma. Trüffelduft ist Strategie, ist Fortpflanzungskalkül. Denn wie sollten, tief im Waldboden liegend, die Trüffel ihre Sporen an die Erdoberfläche schaffen, auf dass sie von Wind und Wetter im Wald verteilt würden? Zum Sporen-Dating, so sodass bald Baby-Trüffel entstehen? Durch ihren Duft bringen die Trüffel die Waldtiere dazu, sie auszugraben, um sie zu fressen. Und dann durch ihren Kot ihre Sporen im Wald zu verbreiten. Die schlauen Pilze beginnen genau dann zu duften, wenn ihre Sporen, die sie im Fruchtkörper tragen, ihre optimale Reife erlangt haben. Exakt dann setzt das Aroma-Orchester des Trüffels mit einem Tusch ein. Und entfacht Lust und Gier, ein Schnuppern und Schmachten. (…)

Verena Lugert

Livade, Konoba Dorjana
Konoba Toklarija in Sovinjak
Chef Nevio Sirotic